Die Forschungsfragen im Anschlussvorhaben FührMINT II

1. Gibt es Unterschiede mit Blick auf die Prävalenz wahrgenommener destruktiver Führung in den MINT-Wissenschaften in Abhängigkeit vom Geschlecht der Führungskraft?

2. Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung destruktiven Führungsverhaltens in den MINT-Wissenschaften? 

3. Wann beschreiben "nicht-betroffenen Dritte" Verhaltensweisen von ProfessorInnen als destruktiv und welche Gründe schreiben sie diesem Verhalten zu?

Forschungsfrage 1: Gibt es Unterschiede mit Blick auf die Prävalenz wahrgenommener destruktiver Führung in den MINT-Wissenschaften in Abhängigkeit vom Geschlecht der Führungskraft?

Da über die tatsächliche Prävalenz von wahrgenommener destruktiver Führung in der Wissenschaft insgesamt und insbesondere mit Blick auf die MINT-Disziplinen keine wissenschaftlich belastbaren Daten vorliegen, möchten wir diese Lücke schließen. Im Kern versteht man unter destruktiver Führung ein Verhalten von Führungskräften, das unter anderem durch Willkür, Egoismus und feindseliges bzw. aggressives Verhalten gegenüber Mitarbeiter*innen gekennzeichnet ist (siehe Schilling & May, 2014; Schmid, Pircher Verdorfer, & Peus, 2018, 2019).

Forschungsfrage 2: Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung destruktiven Führungsverhaltens in den MINT-Wissenschaften?

Die bisherige Forschung lässt den Schluss zu, dass destruktives Führungsverhalten von Wissenschaftlerinnen von Betroffenen als sozial inakzeptabel wahrgenommen und stärker abgewertet wird als von männlichen Kollegen. Wir betrachten deshalb in der zweiten Forschungsfrage vorherrschende Geschlechterstereotype als einen wichtigen Schlüsselfaktor für die Wahrnehmung von destruktiver Führung in den MINT-Wissenschaften.

Forschungsfrage 3: Wann beschreiben "nicht-betroffenen Dritte" Verhaltensweisen von ProfessorInnen als destruktiv und welche Gründe schreiben sie diesem Verhalten zu?

Außenstehende sind in ihrer Wahrnehmung und Einschätzung der Sachlage auf Berichte und Informationen aus zweiter Hand angewiesen. Dies gilt insbesondere für Entscheidungsträger*innen in den betroffenen Organisationen, welche auf die vorgebrachten Beschuldigungen reagieren müssen. Die Forschung hat dabei einerseits gezeigt, dass Opfer von interpersonellem Missbrauch in Organisationen oftmals wenig Gehör finden bzw. dass ihre Beschwerden marginalisiert werden (Keashly, 2001). Andererseits haben Verantwortliche in Organisationen das legitime Interesse, vermeintliche Täter*innen vor falschen Anschuldigungen zu schützen. Vor diesem Hintergrund besteht ein zentrales wissenschaftliches Interesse darin, den Sinnstiftungs-Prozess (in der Fachliteratur als Sense Making bezeichnet) von nicht direkt involvierten Dritten besser zu verstehen.